Schmerzhafte Folgebelastungen durch gutgemeinte Bilanzierungs- und Bewertungsregeln
Das deutsche Bilanzrecht enthält – wegen oder auch trotz – der bahnbrechenden Reformen derletzten Jahre (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz[BilMoG], Bilanzrichtliniengesetz [BiRiLiG])Regeln, die zwar Unternehmensbilanzen stichtagsbezogengutgemeint schonen, die aber inFolgejahren oder bei gesellschaftsrechtlichen Umgestaltungen oder Transaktionen belasten können. Hierzu gehören insbesondere die Bilanzierungen von:
1. Pensionsrückstellungen (PR)
2. Mittelbaren Pensionszusagen
3. Gewinnabführungsverträgen (EAV)
Zu 1. Pensionsrückstellungen
Seit BilMoG sind PR gemäß § 253 (2) Handelsgesetzbuch(HGB) in der Handelsbilanz (HB) miteinemdurchschnittlichen Marktzinssatz der letztensieben Jahre abzuzinsen.Dieser Zinssatz wirdlaufend von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht.Der Gesetzgeber hat sich bei Ergehendes BilMoG aus nachvollziehbaren Gründen voneiner durchschnittlichen Zinsbetrachtung leitenlassen und ist nicht dem Ansatz der International Financial Reporting Standards (IFRS) gefolgt, denaktuellen Marktzins zugrunde zu legen. Auch die IFRS umfassen mit der KorridormethodeVerschonungsregelungen. Diese wurden mittlerweile durch den IAS 19 (rev. 2011) weitgehend aufgegeben. Nur erfahrene Bilanzierende werdensich dran erinnern, dass vor dem BiRiLiG für PR nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung(GoB) ein Wahlrecht zur Bildung bestand, die GoB lediglich für einmal gebildete PR ein Auflösungsverbotvorsahen.
Der Zinstrend der letzten Jahre führte zudeutlichenErhöhungen der PR. Das hat gerade in Bilanzen kommunaler Unternehmen, bei denenPensionszusagen ein beliebtes Instrument derPersonalpolitik und auch der Innenfinanzierung waren, zu erheblichen Ergebnisbelastungen geführt.
Wehe dem Controller und vielleicht auch demVersicherungsmathematiker, der diese Entwicklungenbei seinen Planungsüberlegungen übersehen hat. Schon jetzt ist klar, wie sich die PR inden nächsten Jahren entwickeln werden, sofernsich der Zinstrend nicht entscheidend umkehrt. Trotz des Glättungseffekts durch den siebenjährigen Durchschnitt aus der Rechnungszinsermittlungwird sich die anhaltende Niedrigzinsphaseim HB-Rechnungszins weiterhin widerspiegeln. Bei einem sinkenden Zinssatz steigert sich der Barwert der PR erheblich.
Die Belastung der Bilanz sowie der Ergebnisrechnungsind Folgen des niedrigen Zinsniveausund den daraus resultierenden steigenden PR. Esverschlechtern sich die Kennzahlen im Jahresabschluss. Daraus ergeben sich möglicherweise schlechtere Finanzierungskonditionen oder garein Scheitern an den eventuell vereinbarten Covenants. Die Ausschüttungspotentiale der kommunalen Unternehmen werden beschnitten, was wiederum den kommunalen Haushalten Schwierigkeiten bereiten kann.
Bei Unternehmenstransaktionen sind die nach HGB bilanzierten PR schon lange kein Maßstab mehr für die wirtschaftliche Belastung. Wer bei Unternehmenstransaktionen einmal versucht hat, Pensionszusagen extern zu platzieren, weiß, wasdas bei Versicherungen kostet.
Auch bei Unternehmenserwerben und der sich anschließenden Kapitalkonsolidierung dürftensich HGB-Werte kaum als zutreffend für die übernommenenSchulden erweisen.
Das Steuerrecht geht hier seit den einschlägigenUrteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Gegenreaktion der Finanzverwaltung in § 14f EStGneue Wege. Die im Vergleichzu § 6a EStG zu höheren Teilwerten übernommenen Pensionszusagen sind insofern auch steuerlich zuberücksichtigen. Der Mehrwert ist aber „fiskalschonend“über 15 Jahre steuerlich als Aufwandzu verteilen. In der Summe ist von stillen Lasten indeutschen StB aus PR von rund 60Mrd. € die Rede.